Digitale Lernformate -  1 Kommentare  -  09. November 2020


Warum ich mein Online-Lernangebot nicht „Webinar“ nenne

Wie bezeichnest du eigentlich dein Lernangebot, das du online in einem virtuellen Raum anbietest? Webinar, Live-Online-Training, Online-Seminar oder ganz anders?

In diesem Blogartikel erzähle ich dir, warum ich den Begriff Webinar vermeide und welche Begriffe eine deutlich bessere Alternative darstellen.

Was ist ein Webinar?

Der Begriff Webinar ist eine Verschmelzung aus „Web“ und „Seminar“ und steht somit wörtlich für ein Seminar im Web, also ein Seminar, das online durchgeführt wird. Wenn du also gerade dabei bist, deine Seminare online anzubieten, scheint Webinar auf den ersten Blick die passende Bezeichnung zu sein.

Doch jetzt kommt das Aber. Der Begriff Webinar wird seit einigen Jahren im Bereich Marketing eingesetzt und hat sich dort etabliert. Webinare sind für gewöhnlich kostenlose oder niedrigpreisige Veranstaltungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in virtuellen Räumen (wie z.B. Zoom), durchgeführt werden. In 30 oder 60 Minuten wird ein Produkt oder eine Dienstleistung vorgestellt, um anschließend etwas zu verkaufen. Auch für kurze Wissensimpulse werden Webinare im Bereich des sogenannten Content-Marketings eingesetzt.

Die Inhalte werden für gewöhnlich wie bei einem Vortrag oder einer Vorlesung präsentiert. Die Anzahl der Teilnehmenden kannst du dir daher auch wie bei einem Vortrag in der analogen Welt vorstellen. Es können also mehrere Hundert Personen teilnehmen, wodurch die Teilnehmerinteraktion logischerweise entsprechend eingeschränkt ist. Üblicherweise kann man ein paar Fragen im Chat stellen oder darf an einer kurzen Umfrage teilnehmen. Am Ende des Vortrags gibt es häufig eine Frage-und-Antwort-Runde, bei der die Fragen ebenfalls in den Chat geschrieben werden.

In allen Fällen steht die vortragende Person im Mittelpunkt. Das merkt man nicht nur an den nahezu 100 % Redeanteil, sondern auch an der Präsenz im virtuellen Raum: Oftmals sind Kamera und Mikrofon nur beim Referenten aktiviert. Das heißt, alle Teilnehmenden sind stumm und maximal durch ihren Namen im virtuellen Raum repräsentiert.

Webinar Merkmale

Wirksame synchrone Online-Lernangebote

Wir sind uns sicherlich einig, dass die Online-Beschallung wie eben beschrieben keine nachhaltigen Lernerfolge bringt. Sicherlich kann ein Online-Vortrag inspirierend sein und den Teilnehmenden Wissensinput liefern, daher hat das Format auch seine Berechtigung.

Doch einmal gehört bedeutet nun einmal nicht, dass der Teilnehmende es auch kann. Die Inhalte müssen eingeübt und in die Anwendung gebracht werden. Die Lernenden müssen in einem geschützten Lernraum neue Dinge ausprobieren und sich miteinander austauschen können.

Und das ist genau der Anspruch, den ich an meine Online-Lernangebote habe, bei denen mehrere Personen zeitgleich in einem virtuellen Raum zusammenkommen.

Aus den Präsenztrainings weißt du ja selbst, dass man mit kleinen Gruppen viel intensiver arbeiten kann. Das ist online nicht anders. Ich arbeite am liebsten mit 8 – 10 Personen zusammen. Bei dieser überschaubaren Anzahl kann ich einen Lernraum gestalten, der die Teilnehmenden in den Mittelpunkt stellt und ihnen einen sicheren Experimentier- und Reflexionsraum bietet.

Natürlich gibt es dabei auch Inputphasen von mir, jedoch ist der größte Anteil interaktiv und methodisch abwechslungsreich, sodass die Teilnehmenden ins Tun kommen. In den mehrstündigen Lernangeboten setze ich auch unterschiedliche Sozialformen wie Einzelarbeit oder Gruppenarbeit (z.B. mit Google Drive, Padlet oder TaskCards) ein.

Damit die Teilnehmenden sich gut einbringen können, werden Mikrofon und Videokamera vorausgesetzt und von allen ganz selbstverständlich benutzt.

Du merkst sicherlich schon, dass der Begriff Webinar für diese Art Lernangebot einfach nicht richtig passt.

Die einzige Gemeinsamkeit zwischen einem Webinar und meinem synchronen Online-Lernangebot ist, dass sich die durchführende Person mit den Teilnehmenden zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem virtuellen Raum trifft.

Interaktive & synchrone Online-Lernangebote: Merkmale

Negative Auswirkungen des Begriffs Webinar

Jetzt könnte man natürlich sagen, dass der Begriff bekannt ist und es deshalb durchaus sinnvoll ist, ihn zu verwenden. Wenn ich Webinar sage, stellt sich mein Gegenüber, ob Auftraggeber oder Teilnehmer, schließlich eine synchrone Veranstaltung in einem virtuellen Raum vor. Das ist doch schon einmal eine gemeinsame Basis, auf der man aufbauen kann. Oder nicht?

Ich halte das für keine gute Idee, denn der Begriff ist schon zu stark im Marketing etabliert. In den Köpfen von Auftraggebern und Teilnehmenden werden daher sehr wahrscheinlich Vorstellungen und Erwartungen ausgelöst, die einfach nicht zu meinen Online-Lernangeboten passen.

  • Mein Auftraggeber hat womöglich schon das ein oder andere Marketing-Webinar besucht und denkt an „Online-Vortrag“, „wenig Aufwand“ und „günstig“. Das sind sicherlich nicht die besten Voraussetzungen, um ein Honorar zu verhandeln…
  • In den Köpfen der Teilnehmenden entsteht womöglich im Vorfeld die Erwartung, dass sie sich bequem zurücklehnen und berieseln lassen können. Und zwar völlig anonym, denn bei der Gruppengröße und der ausgeschalteten Kamera kann man sich leicht zurückziehen.

Natürlich reicht ein Begriff alleine nicht aus, um ein Angebot zu definieren. Ich beschreibe zusätzlich sehr genau, was mein Angebot ganz konkret ausmacht und was somit Auftraggeber und Teilnehmende erwarten können. Während ich bei interaktiven Online-Formaten an Gruppengrößen von maximal 12 Teilnehmenden denke, hat ein anderer Trainer womöglich 30 Personen im Kopf. Die Details sind somit wichtig, um den Wert des Angebots deutlich zu machen.

Dadurch dass ich den Begriff Webinar für interaktive Formate generell nicht benutze, kann ich von vorneherein die üblichen „Webinar-Assoziationen“ umgehen. Das erleichtert mir die Kommunikation über Inhalt und Ablauf des Angebots.

Webinar bezeichnet kein interaktives Lernangebot

Bezeichnungen für interaktive Online-Lernangebote

Nun lass uns dem Kind einen besseren Namen geben!

In der Offline-Welt unterscheiden wir unter anderem zwischen Vortrag, Seminar, Training und Workshop. Das können und sollten wir auch online tun. Du musst dich also nicht auf eine Bezeichnung festlegen, sondern kannst je nach Ausprägung deines Angebots eine andere wählen.

Ich stelle dir jetzt ein paar gängige Begriffe für interaktive, synchrone Online-Lernangebote vor. Was sie alle gemeinsam haben, ist, dass sie nicht so gut über die Lippen gehen wie Webinar. Und dennoch halte ich sie aus den oben genannten Gründen für die bessere Wahl!

Alternative Bezeichnungen zu Webinar

Live-Online-Training

Live-Online-Training gehört zu den sehr häufig benutzten Bezeichnungen und beinhaltet diese Aspekte:

  • zeitgleich (live)
  • online
  • aktives, systematisches Einüben von Wissen und Fertigkeiten (Training)

Ich benutze die Bezeichnung Live-Online-Training sehr gerne, wenn das Einüben im Fokus steht.

Beispiel: Nach dem Live-Online-Training kannst du Zoom zielgerichtet und sicher als Moderator bedienen.

Mir persönlich ist das Wörtchen „Live“ wichtig, denn beim Design von Lernräumen frage ich mich immer, wann synchrone oder asynchrone Elemente am besten geeignet sind. Wenn ich mich also für ein Live-Online-Training entscheide, ist der synchrone Aspekt besonders wichtig für den Lernprozess und daher nehme ich ihn auch in der Bezeichnung auf.

Bei mir wird ein Live-Online-Training übrigens oft mit asynchronen Elementen zur Vor- und Nachbereitung im Selbststudium umrahmt (Blended Learning), aber das Thema ist einen eigenen Blogartikel wert.

Live-Online-Seminar

Der Begriff Live-Online-Seminar drückt aus, wofür das Webinar einst stand: ein synchrones Seminar im Web. Wenn du dein Präsenzangebot Seminar nennst, dann könnte Live-Online-Seminar passend für die Online-Durchführung der Inhalte sein. Oder auch nur Online-Seminar, wenn die zeitgleiche Lernsituation bei dir zum Standard gehört.

Interaktives Webinar

Den Begriff interaktives Webinar hört und liest man ebenfalls oft. Hiermit soll ausgedrückt werden, dass es sich nicht um einen reinen Online-Vortrag handelt, sondern dass hier auch ein hoher Grad an Teilnehmerinteraktion umgesetzt wird.

Virtual Classroom Training

Im Kontext von Schule (und manchmal auch Hochschule) findet sich auch der Begriff Virtual Classroom Training. Unterricht im virtuellen Klassenzimmer hört man ebenfalls oft.

Da ich in der Erwachsenenbildung tätig bin, nutze ich diese Begriffe nicht. Ich stelle immer wieder fest, dass Erwachsene das Klassenzimmer als Lernraum mit dem Schulabschluss hinter sich gelassen haben und darüber meistens auch ganz froh sind.

Es ist also wichtig, dass du eine Bezeichnung wählst, die auch zu deinen Teilnehmenden passt, damit sie sich von dir gut „abgeholt“ fühlen.

Live-Online-Workshop

Wenn der Fokus auf dem Erarbeiten liegt, dann eignet sich der Begriff Live-Online-Workshop. Gerade wenn die Teilnehmenden am Ende eines Angebots ein Ergebnis in den Händen halten, finde ich diese Bezeichnung passend.

Beispiel: Am Ende dieses Live-Online-Workshops hast du einen fertigen Ablaufplan für dein nächstes Live-Online-Training erstellt.

Mein Tipp: Nutze eine Checkliste

Der Anfang eines Online-Seminars hat großen Einfluss auf den Verlauf der restlichen Veranstaltung. Deshalb lege ich immer ein besonderes Augenmerk auf die Anfangssequenz. 

Ich nehme mir bereits vor Beginn der Veranstaltung ein paar Minuten,

  • um meine Umgebung,
  • den virtuellen Seminarraum
  • und mich selbst bestmöglich vorzubereiten.

Hol dir meine Checkliste zum Ausdrucken und erfahre, wie du von der ersten Sekunde an voll präsent sein und einen positiven Einstieg für dich und deine Teilnehmenden schaffen kannst.

Fazit

Der Begriff Webinar ist als Marketingveranstaltung etabliert, weswegen die wenigsten Menschen darunter ein interaktives Lernszenario verstehen. Für interaktive Lernangebote, die online und zeitgleich im virtuellen Raum durchgeführt werden, gibt es nicht den einen richtigen Begriff. Je nach Zielgruppe und Schwerpunkt des Angebots eignet sich die eine oder die andere Bezeichnung besser.

Ein alternativer Begriff bedeutet natürlich nicht, dass dein Gegenüber sofort deine Vorstellung von Inhalt und Ablauf teilt. Neben der Bezeichnung solltest du daher auch ganz klar kommunizieren können, was in deinem Angebot steckt und welche Erwartungen damit einhergehen. Es lohnt sich über die Bezeichnung und den Nutzen des Angebots nachzudenken, denn je klarer du dir darüber bist, desto sicherer kannst du bei Honorarverhandlungen auftreten und desto besser kannst du die passenden Teilnehmenden ansprechen.

Verrat mir doch mal in einem Kommentar, wie du dein synchrones Online-Lernangebot nennst und warum du dich für die Bezeichnung entschieden hast?


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