„Was hat dir bei diesem Seminar am besten gefallen?“ – „Der Austausch!“
Dieses Feedback höre ich immer wieder. Unseren Teilnehmenden geht es für gewöhnlich nicht darum, möglichst viel Wissen vermittelt zu bekommen. Vielmehr möchten sie von- und miteinander lernen. Die wertvolle gemeinsame Zeit sollten wir also auch genau dafür nutzen. Wenn du im Präsenzseminar auf das Lernen in Kleingruppen setzt, dann weißt du bereits, wie kraftvoll das sein kann. Und vermutlich möchtest du die soziale Interaktion in Gruppen auch in deinem Online-Seminar wirksam umsetzen.
In diesem Blogartikel erfährst du, wie du eine Gruppenarbeit online durchführen kannst und worauf es dabei ankommt. Ich stelle dir 5 häufige Fehler bei der Umsetzung online vor und verrate dir, wie du sie vermeiden kannst. Außerdem habe ich 7 Ideen für kreative Gruppenarbeiten und Ergebnispräsentationen für dich gesammelt.
Wann ist eine Gruppenarbeit online sinnvoll?
Ob Plenum, Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit ergibt sich aus deinen methodisch-didaktischen Überlegungen. Sowohl im Präsenzseminar als auch im Live-Online-Training. Hier gibt es also erst einmal keinen Unterschied zwischen offline und online. Wichtig ist in beiden Fällen, dass du dir bewusst machst, warum du die Gruppenarbeit einsetzen möchtest.
- Sollen die Teilnehmenden einander besser kennenlernen, so dass Vertrauen in der Gruppe entsteht?
- Sollen sich die Teilnehmenden zu einer Erfahrung austauschen?
- Sollen gemeinsam Ideen generiert werden?
- Soll eine Aufgabe gemeinsam bearbeitet werden?
- …
Überlege auch, welche Gruppengröße sich eignet. Je größer die Gruppe, desto komplizierter werden Kommunikation und Koordination. Zudem besteht die Gefahr, dass stille Personen sich zurückziehen und unmotivierte Personen sich gedanklich ausklinken. In kleineren Gruppen ist es außerdem einfacher, sich einzubringen, da das nötige Vertrauen schneller hergestellt ist. Meine Empfehlung sind Gruppen von drei bis maximal 5 Personen.
Breakout Räume für Gruppenarbeiten nutzen
In vielen Videokonferenzsystemen kannst du separate Räume erstellen und die Teilnehmenden darauf aufteilen. Das ist eine hervorragende Möglichkeit, um Gruppenarbeiten online durchzuführen. Wenn du Zoom, MS Teams oder WebEx nutzt, dann kennst du die Funktion Breakout-Räume sicherlich bereits.
Je nach Tool unterscheiden sich die Einstellungsmöglichkeiten. Bevor du Breakout-Räume das erste Mal nutzt, solltest du dich damit unbedingt vertraut machen und den Ablauf mindestens einmal durchspielen. Das gilt auch, wenn du zum ersten Mal ein neues oder weniger vertrautes Videokonferenzsystem nutzt. Lade deine FreundInnen oder KollegInnen zu einer Probesitzung ein. Das wird dir sehr viel Sicherheit geben.
5 häufige Fehler beim Einsatz von Breakout-Räumen
Bei virtuellen Gruppenarbeiten kommt es manchmal zu Stolpersteinen, die du leicht vermeiden kannst. Daher möchte ich dir fünf Fehler vorstellen, die ich immer wieder beobachte.
1. Die Teilnehmenden wissen nicht, was passiert
Wenn du die Gruppenräume einrichtest, hast du erst einmal viel zu klicken und bist daher mit deiner Aufmerksamkeit nicht bei deinen Teilnehmenden. Sprich daher aus, was du gerade tust, damit deine Teilnehmenden wissen, warum du so konzentriert auf den Bildschirm schaust. Erkläre außerdem, was gleich auf dem Bildschirm passieren wird.
Übrigens ist „ich verschiebe euch jetzt in die Gruppenräume“ keine besonders schöne Formulierung. Im Präsenzseminar gehen die Teilnehmenden aktiv in einen anderen Raum. Online werden sie plötzlich zu Objekten, die wir verschieben können. Dir fällt bestimmt eine schönere Formulierung ein, bei der hervorgeht, dass wir nicht nur Namen auf dem Bildschirm verschieben, sondern mit echten Menschen zu tun haben.
Wenn dein Ablauf es zulässt, dann plane vor einer Breakout Session eine Pause ein. So kannst du die Gruppenräume in Ruhe einrichten. Während der Gruppenarbeit hast du Zeit, deine Pause nachzuholen, schließlich bist du dann allein im Hauptraum.
2. TrainerIn ist ständig in den Gruppenräumen
Ich weiß, es fällt schwer nicht zu wissen, was in den Gruppenräumen passiert… Aber weißt du denn im Präsenzseminar, was in den Gruppenräumen los ist?
Natürlich kannst du auch in die Breakout-Räume wechseln. In dem Fall kündigst du deinen Besuch am besten schon im Voraus an, damit die Kleingruppen nicht überrumpelt werden. Bedenke jedoch, dass du die Gruppendynamik unter Umständen störst. Nimm dich lieber ein wenig zurück und nutze die Pause, um zu überprüfen, ob du deinen Ablaufplan gegebenenfalls anpassen möchtest. Oder mach tatsächlich eine Pause, die hast du dir verdient!
3. Teilnehmende werden mit einem vagen Arbeitsauftrag in Breakout-Räume geschickt
Schicke deine Teilnehmenden erst in die Gruppenräume, wenn du sichergestellt hast, dass alle wissen, was sie tun sollen. Schließlich möchtest du nicht, dass die erste Frage im Gruppenraum „was sollen wir jetzt genau tun?“ lautet. Eine gute Anmoderation ist bedeutend für den Erfolg der Gruppenarbeit.
Ich gebe die Aufgabenstellung zudem immer schriftlich mit. Das kann im Chat sein und/oder auf einem gemeinsamen Whiteboard oder Arbeitsdokument, welches in den Gruppenräumen genutzt werden soll.
In Zoom schreibe ich die Aufgabe VOR dem Starten der Gruppenräume in den Chat. Bei MS Teams schicke ich die Aufgabe NACH dem Start dem Breakouträume über „Eine Ankündigung machen“ in die jeweiligen Räume.
Teile deinen Teilnehmenden mit, ob und wie sie die Ergebnisse festhalten bzw. anschließend im Plenum präsentieren sollen. Bereite hierfür gegebenenfalls ein Whiteboard, ein Padlet oder eine Dokument vor.
4. Tools werden nicht richtig eingeführt
Wenn du Tools (Padlet, TaskCards, Jamboard, Google Dokumente, PowerPoint, Whiteboards wie Miro, etc.) in den Gruppenarbeiten einsetzen möchtest, dann führe sie gut ein. Stelle unbedingt im Vorfeld sicher, dass das Tool keine Hürde darstellt und es zu den technischen Vorkenntnissen deiner Teilnehmenden passt.
Bei der Einführung gehe ich gerne so vor:
- Zuerst stelle ich das Tool im Plenum vor, indem ich meinen Bildschirm teile.
- Anschließend verschicke ich den Link zum Tool über den Chat.
- Danach lasse ich die Teilnehmenden eine kleine Aufgabe mit dem Tool machen, z.B. ihren Namen auf einen Notizzettel auf dem Jamboard schreiben.
- Wenn alle mit dem Tool vertraut sind, stelle ich die eigentliche Aufgabe vor und öffne die Breakout-Räume.
5. Zu wenig Zeit
Meistens vergeht die Zeit in den Gruppen wie im Fluge. Plane daher genügend Zeit ein. Schlag außerdem noch einen Puffer obendrauf. Zum einen braucht es einen kleinen Moment bis alle im Breakout-Raum angekommen sind und zum anderen möchte die Gruppe sich erst einmal besser kennenlernen. Oftmals finden hier wertvolle informelle Gespräche statt, die erst einmal nicht mit der Aufgabe zu tun haben, jedoch sehr wichtig für die Lernatmosphäre sind.
Der Anfang eines Online-Seminars hat großen Einfluss auf den Verlauf der restlichen Veranstaltung. Deshalb lege ich immer ein besonderes Augenmerk auf die Anfangssequenz.
Ich nehme mir bereits vor Beginn der Veranstaltung ein paar Minuten,
- um meine Umgebung,
- den virtuellen Seminarraum
- und mich selbst bestmöglich vorzubereiten.
Hol dir meine Checkliste zum Ausdrucken und erfahre, wie du von der ersten Sekunde an voll präsent sein und einen positiven Einstieg für dich und deine Teilnehmenden schaffen kannst.
7 Ideen für Gruppenarbeiten online (und offline)
„Diskutiert das Thema in den Breakout-Räumen und stellt hinterher das Ergebnis im Plenum vor.“ Klingt nicht sonderlich spannend, oder?
Klar, Gruppenarbeiten in Breakout-Räumen sind eine tolle Möglichkeit, Abwechslung in ein Live-Online-Training zu bringen. Doch wenn wir ehrlich sind, ist kaum jemand scharf darauf, die Gruppenergebnisse vorzustellen und wir hören den anderen oft nur mit einem halben Ohr zu…
Vor diesem Hintergrund habe ich meine Newsletter-LeserInnen gefragt, welche Erfahrungen und Tipps sie für abwechslungsreiche und interessante Gruppenarbeiten online haben. Alle waren sich einig, dass sie im Anschluss an die Gruppenarbeit möglichst keine Ergebnispräsentation nach der anderen abarbeiten. Schon gar nicht, wenn alle die gleiche Aufgabe hatten.
Ich möchte dir nun 7 Ideen für kreative Gruppenarbeiten zusammenfassen.
Gleiche Aufgabe – unterschiedliche Präsentation
1. Mündlich präsentieren
Wenn mehrere Gruppen die gleiche Aufgabe bearbeiten, dann lass sie die Ergebnisse unterschiedlich präsentieren. Zum Beispiel stellt eine Gruppe sie in Form eines Interviews vor, während eine andere die Inhalte so erklärt, dass selbst ein Kind sie verstehen würde. Wieder eine andere Gruppe macht ein kleines Theaterstück daraus.
2. Visuell präsentieren
Die Ergebnisse können nicht nur mündlich, sondern auch visuell, zum Beispiel in Form eines „Posters“, festgehalten werden. Je nach Situation kannst du unterschiedliche Tools nutzen: Google Präsentation, TaskCards, Jamboard, Miro, …
Du kannst Poster auch multimedial erstellen lassen, z.B. durch kurze Video- oder Audioclips. Das funktioniert hervorragend auf dem Padlet.
Zurück im Plenum werden die Ergebnisse von den Erstellern nicht weiter kommentiert. Die Teilnehmenden bekommen ein paar Minuten Zeit, um sich alles anzuschauen und sich mindestens eine Frage oder Anmerkung zu notieren, welche die im Anschluss teilen können. Auf diese Weise wird eine Diskussion angeregt.
Unterschiedliche Aufgaben
3. Unterschiedliche Inhalte
Umgehe Redundanzen, indem du jeder Gruppe eine andere Aufgabe stellst. Hier ist ein Beispiel: Beim Thema „Umgang mit Stressoren“ erarbeitet eine Gruppe mit dem Stressor Leistungsdruck eine andere mit Zeitknappheit. Bei der Vorstellung der Ergebnisse im Plenum kann die andere Gruppe eigene Gedanken und Erfahrungen ergänzen.
4. Unterschiedliche Zuhörergruppen
Bevor die Ergebnisse vorgestellt werden, kannst du die Zuhörenden in unterschiedliche Gruppen einteilen. Zum Beispiel in die „Befürworter“ und die „Kritiker“. Bei der Präsentation der Ergebnisse können diese beiden Lager mit ihrem Filterblick auf das Thema Pro- und Kontra-Argumente sammeln, die danach im Plenum geteilt werden. So wird die Arbeit aus der Gruppe um wertvolle Aspekte ergänzt.
5. 1-2–4–Alle
Insbesondere wenn die Teilnehmenden sich noch nicht so gut kennen, kannst du in mehreren Schritten vorgehen:
- 1
Stelle eine Frage im Plenum und lass jede Person für sich darüber nachdenken und Notizen festhalten. - 2
Schicke danach jeweils 2 Personen in eine Breakout-Session, um ihre Gedanken zu besprechen. - 4
Bilde Breakout-Räume mit 4 Personen, indem du jeweils zwei Pärchen zusammenbringst. In der Gruppe werden nun Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. - Alle
Im Plenum werden die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.
Bei dieser Methode haben die Teilnehmenden Zeit, ihre Gedanken zu sortieren und die Hemmschwelle sich mit anderen auszutauschen wird Schritt für Schritt leicht angehoben.
Zugegeben, du hast bei der Erstellung und Zuordnung der Gruppenräume ordentlich zu tun. Du solltest daher bereits mit den Funktionen und Einstellungen vertraut sein.
6. Die eine Sache
Wenn es bei der Gruppenarbeit vor allem auf den Austausch ankommt, kannst du nach der Gruppenarbeit im Plenum fragen, welche eine Erkenntnis die Teilnehmenden teilen möchten. Grenze die Antwort ein, so dass „in einem Satz“ geantwortet werden soll. Diese Methode geht schnell, es gibt keinen Zwang und keine Wiederholungen. Alternativ kannst du auch fragen, über was in der Gruppe am intensivsten diskutiert oder sogar gestritten wurde.
7. Umfrage
Wenn du bei einer Aufgabe bereits im Vorfeld absehen kannst, welche Ergebnisse zu erwarten sind, dann kannst du nach der Gruppenarbeit eine Umfrage einsetzen.
Hier ist ein Beispiel:
„Tauscht euch in der Gruppe zur folgenden Frage aus: „Wie startest du ein Live-Online-Training?“
Die vorbereitete Umfrage beinhaltet dann zum Beispiel diese Punkte:
Ganz wichtig ist die Option „Sonstiges – bitte im Chat erläutern“, denn anschließend gehst du nur noch auf die Sonstigen-Ergebnisse ein und lässt sie kurz erläutern.
Diese Methode geht schnell und die wertvolle Zeit im Plenum wird nur für den Austausch über neue oder außergewöhnliche Aspekte genutzt.
Fazit
Die Unterschiede zwischen Gruppenarbeiten offline und online sind gar nicht groß. Letztlich kommt es immer auf deine Zielsetzung an. Methoden, die wir offline nutzen, können wir auch online einsetzen. Online ist jedoch noch wichtiger, dass wir besonders großen Wert auf die Anmoderation legen und zu bearbeitende Online-Dokumente gegebenenfalls vorstrukturieren und vor allem gut einführen.
Jetzt bin ich neugierig, wie du Gruppenarbeiten online umsetzt. Verrate mir deine Lieblingsmethode in einem Kommentar.
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