Miro, Mural, Conceptboard und Co. sind großartige Tools, keine Frage. Im Live-Online-Training nutze ich viele interaktive und kollaborative Methoden, doch solche Tools kommen bei mir verhältnismäßig selten zum Einsatz. Die vielen Funktionen brauche ich oft gar nicht und sie können meine Teilnehmenden unter Umständen sogar überfordern. Wenn ich also Einfachheit in ein Training bringen möchte, dann sind weniger Tools mehr und genau da kommt mein Lieblingstool PowerPoint häufig als digitale Whiteboard Alternative zum Einsatz.
In diesem Blogartikel stelle ich dir zwei Möglichkeiten vor, wie du PowerPoint als Whiteboard Ersatz im Live-Online-Training nutzen kannst.
Nachteile von Whiteboard Tools
Die Vorteile umfangreicher Whiteboard Tools wie Mural, Miro und Co. sind gleichzeitig ihre Nachteile: Sie haben so viele Funktionen, dass sie zu einer Überforderung führen können. Um sie effektiv nutzen zu können, ist daher eine längere Einarbeitungszeit nötig.
Mit anderen Worten, bevor du das Tool im Training zielgerichtet einsetzen kannst, müssen du und deine Teilnehmenden den Umgang damit erst einmal erlernen. Im schlimmsten Fall sind deine Teilnehmenden so sehr mit der Benutzung der Tools beschäftigt, dass ihr Arbeitsgedächtnis keine Kapazitäten für die Verarbeitung der Lerninhalte hat.
Hinzu kommt, dass ein Wechsel zwischen verschiedenen Tools nötig ist, denn ihr trefft euch zum einen in einem virtuellen Raum (z.B. in Zoom) und zum anderen habt ihr gleichzeitig noch ein Fenster mit dem Whiteboard offen. Der Wechsel ist für die geübte Teilnehmenden gut machbar, stellt Anfänger jedoch vor einige Herausforderungen und es besteht die Gefahr, dass sich der ein oder andere im Tool-Chaos verliert.
Vorteile von PowerPoint als Whiteboard Alternative
Vor diesem Hintergrund bietet PowerPoint (oder ein anderes Präsentationstool wie Google Präsentationen oder Keynote) als digitales Whiteboard einen großen Vorteil.
Du kannst PowerPoint innerhalb der vier Wände des virtuellen Raums (z.B. Zoom) einsetzen, d.h. deine Teilnehmenden müssen nicht zwischen zwei Fenstern wechseln. Diese Lösung bietet sich somit immer dann an, wenn sich Teilnehmende mit der Technik etwas schwerer tun.
Einsatzbeispiele von PowerPoint
PowerPoint als digitales Flipchart
Manchmal brauche ich ein ganz einfaches Tool, das mit einem Flipchart im Seminarraum vergleichbar ist. Wenn ich zum Beispiel schnell ein paar Stichpunkte festhalten möchte, dann soll das unkompliziert und direkt vor den Augen der Teilnehmenden passieren. Dafür brauchte ich keine umfangreichen Funktionen eines Whiteboards, sondern etwas Digitales, das so einfach beschreibbar wie ein Flipchart ist.
Und so geht’s:
- Teile deinen Bildschirm über den virtuellen Raum.
- Rufe die PowerPoint auf, aber gehe nicht in den Präsentationsmodus. Bleibe im Bearbeitungsmodus und passe gegebenenfalls die Ansicht an, sodass die Folie den größten Teil des Bildschirms einnimmt und deine Teilnehmenden den Inhalt gut sehen können.
- Jetzt kannst du in die Präsentation reinschreiben. Dabei entsteht automatisch eine Dokumentation auf der Folie.
PowerPoint als gemeinsames Whiteboard
Wenn ich meine Teilnehmenden stärker aktivieren (und mich selbst beim Schreiben entlasten) möchte, dann gebe ich die Kommentier-Funktion frei und lasse auf die PowerPoint Folie schreiben. Diese Funktion gibt es leider nicht in jedem virtuellen Raum, aber wenn du z.B. mit Zoom oder WebEx arbeitest, ist dies möglich.
Und so geht’s in Zoom
- Teile deinen Bildschirm und zeige deine Folie im Präsentationsmodus.
- Gib das Kommentier-Werkzeug (Stift) frei:
- Deine Teilnehmenden können nun auf die Folie schreiben, zeichnen oder, wie in dem Beispiel, auf einer Skala stempeln.
- Die Annotationen legen sich wie eine Ebene auf die eigentliche Folie, d.h. es sieht nur so aus, als würde die Folie selbst bearbeitet werden. Wenn du die Notizen für die Dokumentation nutzen möchtest, dann musst du die beschriebene Folie als Bild (oder PDF) speichern. Im Nachgang kannst du an der entsprechenden Stelle das Bild in die Präsentation einfügen und die Datei den Teilnehmenden zur Verfügung stellen.
Der Anfang eines Online-Seminars hat großen Einfluss auf den Verlauf der restlichen Veranstaltung. Deshalb lege ich immer ein besonderes Augenmerk auf die Anfangssequenz.
Ich nehme mir bereits vor Beginn der Veranstaltung ein paar Minuten,
- um meine Umgebung,
- den virtuellen Seminarraum
- und mich selbst bestmöglich vorzubereiten.
Hol dir meine Checkliste zum Ausdrucken und erfahre, wie du von der ersten Sekunde an voll präsent sein und einen positiven Einstieg für dich und deine Teilnehmenden schaffen kannst.
Hilfe zur Toolauswahl
Du musst nicht alle kollaborativen Tools auf dem Markt kennen und bedienen können, doch es kann hilfreich sein, wenn du ein kleines Repertoire mit verschiedenen Optionen hast. Je nach Situation brauchst du unterschiedliche Tools, zum Beispiel weil deine Teilnehmenden einmal mehr und einmal weniger technikaffin sind oder weil der Auftraggeber bestimmte Tools vorschreibt.
Ich wähle vor jedem Training aus meinem Tool-Repertoire das passende Tool auf der Basis verschiedener Kriterien aus. Mit den Antworten auf diese Fragen kannst auch du die Tool-Auswahl sicher treffen:
- Wie technikaffin sind deine Teilnehmenden? Wie leicht fällt es ihnen zwischen verschiedenen Tools zu wechseln?
- Was möchtest du methodisch-didaktisch erreichen und welche Funktionalitäten brauchst du dafür?
- Gibt es Rahmenbedingungen (zum Beispiel vom Auftraggeber)?
Beispiel Technikaffinität der Teilnehmenden
Um dir etwas Orientierung im Tool-Dschungel zu geben, habe ich dir für das Kriterium Technikaffinität der Teilnehmenden eine kleine Tool-Einordnung erstellt. Wichtig ist natürlich, dass deine Auswahl auch zu den anderen Kriterien passt.
Gering
- Wenn deine Teilnehmenden Schwierigkeiten haben zwischen verschiedenen Fenstern zu wechseln, dann sollte sich möglichst alles innerhalb des virtuellen Raums abspielen.
- Hier bietet sich PowerPoint wie oben beschrieben als Whiteboard Alternative an. Einige virtuelle Räume bieten auch einfache integrierte Whiteboards (z.B. Zoom), die sich einfach nutzen lassen.
Fortgeschritten
- Wenn deine Teilnehmenden den Wechsel zwischen zwei Fenstern gut hinbekommen und du einen stärkeren Fokus auf die gemeinsame Bearbeitung von Aufgaben z.B. in Breakout-Räumen legen möchtest, dann kannst du kollaborative Drittanwendungen nutzen.
- Für Gruppenarbeiten eigenen sich z.B. Google Drive, Padlet, TaskCards (ähnlich wie Padlet, aber DSGVO-konform) oder das Jamboard. (Die Google Drive Einsatzszenarien sind in der Microsoft Welt mit MS365 übrigens genauso gut umsetzbar.)
Hoch
- Insofern es zu den Rahmenbedingungen und zu den Zielen passt, können umfangreiche Tools wie Miro, Mural und Co. eine ausgezeichnete Wahl sein. Wenn das Training Workshop-Charakter haben soll und du kollaborative Erlebnisse in den Mittelpunkt stellen möchtest, findest du bei diesen Tools vielfältige Einsatzmöglichkeiten.
- Wichtig ist, dass du auch bei Technikaffinen Teilnehmenden am Anfang des Trainings sicherstellst, dass alle die benötigten Funktionen bedienen können.
Fazit
Umfangreiche Whiteboard Tools sind eine großartige Lösung, wenn sie zu den Teilnehmenden und zur Zielsetzung des Trainings passen. Je nachdem, was du erreichen möchtest, stellen weniger komplexe Tools oder sogar eine einfache PowerPoint die bessere Lösung dar. PowerPoint als Whiteboard Alternative ist insbesondere dann interessant, wenn die Teilnehmenden nicht zwischen verschiedenen Anwendungen wechseln sollen.
Welche Erfahrung hast du mit Whiteboard Tools gemacht? Ich bin gespannt auf deine Antwort in einem Kommentar.
Hi Sandra,
hier ist noch ein langjähriger ppt Nutzer, der Deine Anregungen super findet.?
Vielleicht kannst Du mir noch Tipps geben, für die Anwendung eines Stifts unter der „Zeichnen“-Funktion in ppt. Ich nutze Apple (MacBook Pro). Wenn ich von Kunden zur Video-Konferenz als Gast eingeladen werden, kann ich nur mit Zoom mein iPad mit ppt nutzen – funktioniert! Bei allen anderen Video-Konferenzsystemen (Teams, Skype & Co) bleibt mir nur die Stiftnutzung via Zeichenbrett (Wacom oder XP-Pen). Mit den einfachen (bezahlbaren) Versionen beider Hersteller erziele ich leider keine aktiv einsetzbaren Ergebnisse (miserable Schriftqualität, lange Verzögerung). Hast Du Ideen oder andere Ansätze für diese Fragestellung?
Darüber hinaus fand ich die „editierbaren Textfelder“ von digiHANS sehr gut. Kannst Du mir einen Link zu ihm vermitteln? Ich würde diese Textfelder gerne selber in meine ppts einbauen, gerne auch eines seiner Templates nutzen.
Ich sende jetzt schon mal ein herzliches Dankeschön und freue mich auf Deine Inputs
Liebe Grüße / Karl-Heinz
Hi Karl-Heinz,
wie schön, dass sich hier die PowerPoint Fans tummeln! 😀
Puh, mit der Stift-Frage bin ich überfragt… Das ist mir so zum Glück noch nicht passiert. Ich nutze ab und an ein externes Grafiktablett mit Display und teile dieses als zweiten Bildschirm.
DigiHANS „kenne“ ich nur über diesen einen Kommentar. Vielleicht findest du über seinen YouTube-Kanal zu ihm?
Liebe Grüße
Sandra
Hallo, Sandra – ich stolpere gerade über Deinen Facebook-Beitrag und Dein YouTube-Video. PowerPoint als digitales Flipchart zu nutzen, ist eine gute Idee, ich arbeite schon seit langem dieses Konzept – und die Teilnehmer sind begeistert. Allerdings nutze ich dafür (im Präsentationsmodus!) die Möglichkeit, über die Entwicklertools ein editierbares Textfeld zu generieren. Funktioniert hervorragend – probier‘s doch mal aus! Ich habe dazu mal ein kleines Video hochgeladen, das die Anwendungen zeigt: Link zum YouTube-Video „2021_01_22 – How-to-Video zu den editierbaren Textfeldern“:
https://youtu.be/u3HmaI7-cSA
Liebe Grüße / digiHANS
Hi digiHANS!
Wie schön, noch ein begeisterter PowerPoint Nutzer! Danke, dass du eine weitere Möglichkeit einbringst, wie man PowerPoint in ein Whiteboard verwandeln kann 🙂
Liebe Grüße
Sandra
Hallo Sandra,
ich finde deinen Vorschlag, Zoom Whiteboard mit PPT zu kombinieren, genial. Habe eher die Erfahrung gemacht, dass zu viele unterschiedliche Tools die TN überfordern und ich viel Zeit verliere, wenn ich sie zuerst einschulen muss.
Danke auch für die Idee, die Erfahrungen meiner TN am Anfang abzufragen, damit ich weiß, womit ich arbeiten kann.
lg aus Tirol,
Silvia
Hi Silvia,
danke für das Teilen deiner Erfahrung. Die Punkte Überforderung und Einarbeitungszeit decken sich haargenau mit meiner Erfahrung. Schön, dass dir die Tipps an der Stelle weiterhelfen 🙂
Liebe Grüße
Sandra